Manga Girls Primary School

Nun endlich komme ich dazu, einen neuen Blogeintrag zu verfassen.
Diesen möchte ich ausschließlich meinem Projekt widmen, in dem ich das nächste Jahr arbeiten und helfen werde – die Manga Girls Primary School !

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Nun liegt mein erster Arbeitstag bereits vier Wochen zurück, der Schulalltag hat sich eingestellt. Die Grundschule ist eine reine Mädchenschule und umfasst Standard 1 – 8, sowie die Babyklasse, etwas über 100 Schülerinnen. Die Kleinsten sind 3 Jahre alt und es geht hoch bis 16/17 Jahre. Es wird eine violette Schuluniform getragen. Viele von ihnen kommen jedoch aus armen Verhältnissen, sodass die Kleider zerrissen sind oder andersfarbige Uniformen der Geschwister weitergetragen werden müssen. So begann der erste Schultag um 8 Uhr – pünktlich wie die Deutschen sind, stand ich 7.45 Uhr auf der Matte. Joar, der erste Lehrer erschien halb elf und es waren lediglich 20 Schülerinnen anwesend. Die kommenden Tage der ersten Woche trafen dann nach und nach alle Lehrer ein und auch die Kinderanzahl stieg. Einige sind aber nachwievor noch nicht da! Manche Kinder sind Waisen, es fehlt Geld für die Schule oder sie müssen auf die kleineren Geschwister aufpassen und der Mutter im Haushalt helfen. Nachdem also in der ersten Woche nichts gemacht wurde, begann dann in der zweiten Woche der „normale“ Unterricht. Doch noch lief alles durcheinander – so habe ich erst einmal die vierte Klasse zugeteilt bekommen und hatte alle Fächer zu unterrichten: Science, Englisch, Social Studies, Religion, Musik, Kunst und sogar Kiswahili (da habe ich den Spieß umgedreht und die Schüler mich unterrichten lassen 😀 )  Nach einer großen sechsstündigen Lehrerversammlung (ich bin mir sicher, die Themen hätte man in 20 min abhaken können), standen dann die Fächer für mich fest. Meinem Wunsch, Sport (P.E.) zu unterrichten, wurde nachgegangen und so habe ich drei Sport-Klassen bekommen. Doch schon gleich am ersten Tag habe ich festgestellt, dass das definitiv zu wenig ist und ich mehr Unterricht geben möchte. So bin ich nun Sportlehrer für alle Klassen der Schule, unterrichte Musik und Kunst in Standard 5,6 und 7 und Mathematik Klasse 4. Außerdem habe ich einzuspringen, wenn ein Lehrer nicht anwesend ist – was leider mehr als oft vorkommt. So hat die Direktorin irgendwie jeden zweiten Tag ein Meeting und ich ihre Klassen in Science und Englisch. Wer hätte je gedacht, dass ich mal Englisch-Lehrer werde und mich sogar echt gut anstelle! 🙂

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Unterricht im Freien – Standard 7 in meinem Kunstunterricht

 

 

 

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Fußball spielen in P.E.

Ansonsten ist das Schulsystem total unterschiedlich, wenn man es denn überhaupt System nennen kann. Die ganze Bildung wird hier gelassen genommen. Die Lehrer kommen immer zu spät, es werden nur Stunden unterrichtet, auf die die Lehrer Lust haben und eine 20 min Pause kann mal schnell 2 Stunden lang sein. Und auch wenn Unterricht gemacht wird, kriegen die Schüler meist nur eine Aufgabe und dann haben sie selbstständig zu lernen. Daher wundert mich überhaupt nicht das Ergebnis des Exams. Die meisten haben nur Noten zwischen 4 und 6. Und die Kids sind nicht dumm, im Gegenteil, aber sie haben die abgefragten Sachen einfach gar nicht  gelernt oder verstanden.
Desweiteren werden die Machtpositionen hier deutlich ausgelebt. Die Kinder haben strikt zu gehorchen, genauso stelle ich mir Sklavenarbeit vor. Kinder im Alter von 10 Jahren haben für die Lehrer zu kochen, geschieht das nicht schnell genug, wird geschlagen. Der Schlagstock bzw das Metallrohr findet hier mehr als oft genug Anwendung – dabei wird den Kindern oft nichtmal erklärt, warum sie gestraft werden (und manchmal gibt es auch gar keinen wirklichen Grund). Das fällt mir jeden Tag sehr schwer, es zu sehen und zu akzeptieren! Ich merke stark, dass es auch ohne Schlagen geht und guter Unterricht möglich ist. Mir macht es mit den Kindern echt richtig Spaß und bei Klassen zwischen 5 und 20 Schülern ist es echt angenehm – vorallem den Sport-Unterricht genieße ich. Ich bin mir sicher, die Kinder hatten schon lange kein P.E. mehr. Meine Mädchen lieben es, Fußball zu spielen. Auch wenn das Wählen der Teams manchmal ein Kraftakt ist, weil alle in der Mannschaft mit Lehrerin Hannah sein wollen 😀

Sportklamotten haben die Mädchen nicht, die meisten haben nichtmal Schuhe. Sodass wir der Fairness halber alle barfuss spielen und mit Uniform und normalen Sachen. Nach dem ersten Tag mit blauen Flecken und etlichen Verletzten,  habe ich dann erstmal ne dreistündige Aktion gestartet, dass wir alle Pflanzen mit Dornen und Steine von der Wiese gesammelt haben. Auch wenn meine Füße nachwievor nach jeder Sportstunde schmerzen, gewöhnt man sich an alles – wir kennen Rennen auf solchen Geländen einfach überhaupt nicht. Dazu die immerknallende Sonne – man kriegt nach vier Sportstunden nen halben Hitzeschlag, aber dadurch bin ich jetzt schon mega braun hihi. Ansonsten desto mehr geschwitzt wird, desto glücklicher sind die Mädchen. Wir haben uns ein gemeinsames Ziel gesetzt: Jede Stunde trainiere ich mit ihnen Push-Ups, Sit-Ups, Hand- und Kopfstand, Klimmzüge etc. – das volle Programm. Sie sind so stolz, wenn sie ihre Erfolge sehen und ich erst recht! Ja ansonsten beruht das Ganze auf meiner Improvisation. Die Sportgeräte belaufen sich auf zwei, drei Bälle (die platt sind) und ein marodes Netz  – und das gespendet von einer Freiwilligen des letzten Jahres. Leider wird kaum drauf Acht gegeben. Bei nächster Gelegenheit werde ich deshalb noch ein paar Sachen hinzufügen. Genauso mit dem Kunst-Unterricht – schwierig, wenn alle Kinder maximal einen Kugelschreiber haben und keine anderen Stifte. Nun habe ich wenigstens da schon nachlegen können, sodass meine Schüler jetzt Buntstifte haben.

 

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Fußball-Team

So hat sich inzwischen der Arbeitsalltag eingespielt. Ich achte sehr darauf, dass ich meine Stunden pünktlich einhalte (auch wenn es die anderen nicht machen) – da verzichte ich lieber auf eine Mahlzeit, als den Kindern ihre Bewegung zu rauben. Die Pausen und freie Zeit zwischen meinen Stunden verbringe ich mit Vorbereiten des Unterrichtes, Spielen oder Quatschen mit den Kindern. Hier habe ich schnell gemerkt, dass Sprache nicht alles ist. Mit den Kleinsten kann ich mich kein bisschen verständigen, da sie kein Englisch und ich kein Kisii oder eine der anderen Muttersprachen kann. Doch das ist überhaupt nicht schlimm, Spiele kann ich zeigen und Tänze können sie mir vorführen und es scheint auch spannend genug zu sein, einfach nur neben mir zu sitzen und mich zu beobachten und anzufassen.

Soweit erstmal zu meiner Arbeit. Es macht mir viel Spaß, die Kinder zu unterrichten, aber generell muss ich sagen, bin ich nicht gerne Lehrer. Schließlich bin ich Lehrer – das sagt alles 😀 Und wir sollten aufhören, über das deutsche Schulsystem zu schimpfen. In Deutschland hat jedes Kind ein Recht auf Bildung. Bildung ohne Gewalt.
Das ist soviel wert!!!

Außerhalb meiner Arbeit geschehen auch unglaublich viele neue Sachen, doch dazu mehr im nächsten Artikel.
In diesem Sinne, bleibt behütet 🙂

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Schulgelände

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Madame Hannah lehrt Naturkunde in Klasse 4

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Flagge hissen

September Kenia (497)
Handstand üben

2 Kommentare


  1. Hannah, es ist so schön, deinen Enthusiasmus zu verfolgen!
    Behalte deine Fröhlichkeit!
    Liebe Grüße aus Cottbus.
    Gabi


  2. Du solltest definitiv ein Buch schreiben!!
    Es ist so wahnsinnig spannend deine Geschichten zu lesen und es fühlt sich nach wie vor so an würdest du direkt hier neben uns sitzen!
    Wir warten weiterhin sehnsüchtig auf weitere Details;)
    Ganz feste gedrückt :*
    Vera

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