Drei Monate Kenia

Wow, am 09. November hatte ich dreimonatiges Kenia-Jubiläum!
Es ist Wahnsinn, wie die Zeit verrennt. Schon 14 Wochen ist meine Verabschiedung am Berliner Flughafen her und kommt es mir doch erst wie letzte Woche vor, alles ist mir noch so gut im Kopf. Auf der anderen Seite könnten meine Erfahrungen auch schon zwei Jahre füllen – ein zeitliches Kuddelmuddel in meinem Kopf !
Und auch wenn die Schulwochen doch immer sehr vollgepackt mit Arbeiten sind (siehe „die letzten Schulwochen 2014“), erlebe ich unglaublich spannende Sachen. Manchmal frage ich mich, ob ein Tag in Kenia wirklich nur 24 Stunden hat oder doch viel mehr?

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Marion uebt sich als Rapper

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habs schon voll drauf …

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aber ob ich es jemals ohne Haende wie Sheila und Agnes schaffen werde?

Ein Freiwilligendienst lebt von Austausch – das ich hier viel von der kenianischen Tradition mitnehme, ist klar – aber auch deutsche Festlichkeiten teile ich mit meiner Familie. So haben Melanie und ich versucht, ein wenig Halloween zu feiern. Ein doch sehr verbreitetes Spektakel (zumindest in Dtld und USA). Ich selber bin als Kind nicht um die Häuser gezogen und „Süßes oder Saures“ gesagt – aber das kann man ja in Manga nachholen.
Nein Quatsch natürlich sind wir nicht an Türen betteln gegangen, hier hat man ja auch noch nie von Halloween gehört, geschweige denn Süßigkeiten generell im Haus. Aber zumindest Verkleidung musste sein! Also bin ich als gruslige Vogelscheuche, Farmer oder sowas in der Art und Melanie als klischeehafte Inderin rausgegangen (in Amerika herrscht keine Beschränkung auf erschreckende Kostüme).

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Nachdem wir lustige Geschichten übers Erschrecken erzählt haben, fand das meine Familie so urkomisch, dass wir es einfach vollführen mussten. Mit Axt bewaffnet habe ich dann bei den Nachbarns Tür geklopft – ich glaube der hatte den Schreck seines Lebens (war paar Tage später zu Besuch – er scheint es überlebt zu haben :D). Dann haben wir noch ein kleines Fotoshooting gemacht und vorallem Marion immer wieder erschreckt. Dafür musste ich sie meist nur angucken, sie hatte doch sehr Respekt vor meinem improvisierten Kostüm 🙂

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Denn hier wird stark an Hexen geglaubt, die in der Nacht kommen und Menschen essen. Dieser Glaube führt hin und wieder mal zu Diskussionen, wenn ich draußen zum Telefonieren mit meinen Eltern sitze – naja gesehen habe ich noch keine 😀

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Am 31.10. bin ich dann aufgebrochen nach Nairobi, die siebenstuendige Fahrt durchs halbe Land bewundere ich immer wieder!

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von Gruen …

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… in Steppe

Anlass dieser Fahrt war mein endlich fertiggestelltes Visum. Mit der Erwartung, es am Freitag auch gleich in die Hand gedrückt zu bekommen – aber wie konnte ich kenyan time vergessen! Nachdem ich dann drei Tage länger als geplant in der Hauptstadt verbracht habe, bin ich nun stolzer Besitzer des Arbeitsvisums für 12 Monate! Und darüber sind wir wirklich alle heilfroh. Denn letztes Jahr gab es große Probleme damit und viele Freiwillige mussten eher ausreisen – ich hatte auch etwas Schiss, da mein Einreisevisum ein paar Tage später abgelaufen wäre und illegal in Kenia sein, ist auch nicht erstrebenswert.

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frag mich, warum man fuer Stempel und bissl Gekritzle drei Monate braucht 😀

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grosse Freude !

Das verlängerte Wochenende in Nairobi war richtig Luxus und ich habe es mir sehr gut gehen lassen – voran natürlich feines Essen, richtig schön westlich und Hostel mit Dusche und Toilette, sowie tolle Bar-Abende.

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Amelie, Masa, Jan, Laura, Valerie

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Bratwurst, Ei, Toast, Kartoffelecken

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mein erstes Eiiiiiis !!!

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Nairobi Skyline

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Massai Market

Fast alle anderen Freiwilligen waren auch anwesend, sodass wir eine riesige Truppe waren.

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Kevin, Inger, Laura, Marco, Hannah, Josephine

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mein erstes Mal Subway (meines Lebens!)

Es war sehr interessant, sich über die bisherigen Erfahrungen auszutauschen und über die enormen Unterschiede klarzuwerden. Man hat das Gefühl, man lebt in verschiedenen Ländern. Von Freiwilligen, die komplett alleine für die Familie kochen müssen, bishin zu absoluter Langeweile im Projekt oder auch jeden Tag abgammeln, weil man Hausangestellte hat, die einem jeden Wunsch ablesen. So crass unterschiedlich und doch jedes Leben auf seine Art und Weise faszinierend und schön.

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Jan, Valerie, Josephine, Laura, Inger, Dennis

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zu viert ein Bett teilen 😀

Am letzten Tag haben wir es uns in einem richtig schoenen Park in Nairobi gemuetlich gemacht – freilaufende Affen inklusive!

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Leo, Hanna, Julia, Juan

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Und nach diesen Tagen muss ich sagen – ich bin vollauf zufrieden, wo ich gelandet bin. Ich möchte meine Familie und Melanie nicht missen und ich lebe in einem super Mix aus allem. Ich habe sehr viel zu arbeiten, bin aber auch nicht gezwungen und ich vermisse den ganzen Luxus im Alltag zuhause nicht mehr!

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Denn ich lerne so unglaublich viel und habe vorallem jeden Tag Spaß! Ihr kennt mich ja alle und wisst, was ich für ein kleiner Spaßvogel bin 😀 Ich übe weiterhin fleißig Ironie-Verstehen mit meinen Geschwistern, was mal mehr und mal weniger klappt. Würde ich nicht lachen, würde man vermutlich mir und Melanie alles abkaufen.
So haben wir letzten Sonntag in unserem Lehmhaus neuen Boden verstrichen, das heißt Kuhkacke (damits kleben bleibt irgendwie) mit Wasser und Lehmzeug vermischt. Hände rein und auf Knien den Boden neu verkleistern. Das war eine Sauerei sag ich euch. Auf Agnes Spruch „Hannah du hast fast schwärzere Hände als ich“ habe ich mich komplett mit dem restlichen Lehm eingeschmiert, um einmal nicht Mazungo zu sein. Wobei mir gerade auffällt, dass ich somit Kuhkacke in Gesicht und Haaren hatte -das war mir gar nicht bewusst, bisschen eklig 😀

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Das war erstmal ein Spaß – und anschließend mit Marion ins eiskalte Nass des Bächleins springen, um uns wieder sauber zu schrubben. Kurz darauf habe ich wohl den crassesten Wetterumschwung, seit ich hier bin, erlebt.
Gerade noch bei gefühlten 38 Grad die nackte Haut in der Sonne trocknen lassen, als dann dicke Wolken und Blitze aufzogen und innerhalb von fünf Minuten der heftigste Regen überhaupt eingesetzt hat. Und damit meine ich richtig heftig.
Alle sind losgerannt, die schnell zu erledigenden Aufgaben wurden durch die Gärten gebrüllt- Wäsche reinbringen, alle Kühe und Ziegen einsammeln und in den Stall bringen, die elektronischen Geräte ins Haus und die Regentonnen in Position bringen. Wir haben uns vor Lachen nicht mehr eingekriegt. Es war ein einziges Durcheinander, jeder ist kreuzdiqeuere gerannt bzw ausgerutscht und am Ende saßen wir alle klitschnass ums Feuer in der Küche, den Regen beobachtend. Dabei habe ich mir wohl auch gleich meine Erkältung geholt.

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Mein kleiner Welpe Jasko ist nun schon seit 5 Wochen bei uns und entwickelt sich super. Er ist sehr verkuschelt und sobald ich nach Hause komme, gibt es eine riesige Begrüßung. Was mir manchmal nach einem seiner Matschbäder die frischgewaschene Kleidung versaut. Aber so sind sie halt die Kleinen 🙂
Jasko ist ein sehr treuer Begleiter, der vorallem bei der Gartenarbeit seinem Frauchen auf Schritt und Tritt folgt.

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Vor zwei Wochen streunten wie jeden Abend ein paar Hunde in unserem Garten, unter anderem ein ganz kleiner brauner Welpe. Ganz unterernährt und scheu haben wir ihm Futter gegeben.Von diesem Tage an wurde er immer zutraulicher und verbrachte die meiste Zeit zusammen mit Jasko bei uns.
Melanie gab ihm den Namen Jack-Jack!
Am Freitag dann der Schreck, Jack-Jack lag sich quälend vor unserer Tür. Der Nachbar und eigentliche Besitzer des Hundes konnte mit dem Kleinen nichts anfangen (er sei wohl zu ungehorsam gewesen) und hat ihn vergiftet.
SCHRECKLICH wie hier manchmal mit Tieren umgegangen wird!

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Jack-Jack

Generell sind alle Lebewesen, die nicht nützlich sind (wie Kühe, Ziegen, Schafe) sehr minderwertig oder aus Unkenntnis wird alles getötet, weil es zu „gefährlich“ ist. So auch der Fund eines Chamäleons beim Sugarcane-Abholzen. Ich habe noch nie eines dieser faszinierenden Tiere in freier Natur gesehen und habe erstmal gestutzt als es hieß „bloß nicht anfassen“. Mir war bisher nicht bekannt, dass Chamäleon-Füße Gift abspritzen, die deine Hand abfaulen lassen oder mich schlimmstenfalls töten.
Hab sie überzeugt – das Tier ist auf mir rumgekrabbelt und nix ist passiert 😀

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Nachdem der erste Wurf (keine Ahnung wie man das bei Hühnern nennt) Kücken nicht überlebt hat, haben wir jetzt wieder neue Kleine, die treu ihrer Mamahenne überhallhin folgen. Ich muss jedesmal lachen, wenn die Kücken irgendwo runterhüpfen, musste ich mal ein Foto von machen 🙂

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Eine andere witzige Situation war ein Trink-Contest zwischen mir und Brian -wer kann am meisten Wasser trinken.Ich habe mit 2,4 l gewonnen und hatte eine riesen Kugel. Sah etwas schwanger aus 😀

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rechts klein Jack-Jack

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In Melanies Familie läuft auch alles wie gehabt. Dadurch das jetzt die Ferien begonnen haben, ist alles auch viel entspannter mit der Betreuung von Angie geworden. Die Kleine macht sich super, fängt an zu robben und steht schon sehr sicher, wenn sie sich am Tisch festhält. Den TV-Schwund hat sie überwunden und ist gernell viel ausgeglichener und schenkt uns mit ihren zwei Zähnchen (ich glaube zwei weitere sind auf dem Weg) ihr süßestes Lachen.
Und wie ihr seht wurden Angies Haare abrasiert 🙁 Soll wohl besser aussehen als Loeckchen! Naja …

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seht ihr die zwei Beisserchen 🙂

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gleich hab ichs !

Mit Domenic und Phillis sind wir sehr konfrontiert mit den kulturellen Unterschieden von Mann und Frau, was ich durch die Abwesenheit von meinem Gastvater ja kaum mitkriege. Auch die verschiedenen Erzeihungsmethoden stoßen aufeinander, da (bis auf Samstag) den Großteil des Tages Melanie und ich sich um Angie kümmern. Es ist ihr Kind keine Frage, doch zum Beispiel das stetige Drinnenhocken ist einfach ein Kritikpunkt, den wir versuchen zu erklären und mit einem kleinen Zeitplan, wann Draußen-Spielzeit ist, zu ändern. Das klappt auch sehr gut únd findet Anklang 🙂

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Ansonsten genieße ich die Sonne, die nun steigenden Temperaturen und das Motorrad-Fahren. Mike – mein wohl nun bester Freund hier – nimmt mich oft für einen Trip mit und wir fahren einfach quer durch die Gegend. Demnächst wollen wir in die zwei Stunden entfernte Stadt Kisii Town fahren. Auf meine Frage, was denn aber mit der Polizei wäre, meinte er nur „Darum brauchst du dir nun wahrlich keinen Kopf machen. Erstens bist du weiss, das wäre denen eher peinlich vor den Kollegen dich anzuhalten. Und selbst wenn – ich fahre seit drei Jahren jeden Tag und habe keinen Führerschein, 100 Schillinge dann kannste weiterfahren“ – Korruption hallo!

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Mit Melanie verbringe ich fast jeden Tag – Sie ist wie meine Schwester,die ich nie hatte und gleichzeitig meine beste Freundin hier. Auch wenn wir von unterschiedlichen Kontinenten kommen, so ist unser Leben daheim doch sehr ähnlich und es tut gut, die neuen Erfahrungen zu teilen. Wir sind abwechselnd bei ihrer und meiner Familie oder machen uns alleine auf die Socken. So haben wir vorletzte Woche ein tolles verlassenes Haus entdeckt, an dem man einfach mal ungestört chillen kann (siehe Beitrag „Melanie und ich – Schwestern und Freunde“).

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Wir haben ausserdem jetzt das Trampen fuer uns gewonnen – die einzigen Male, wo wir den Mazungo-Bonus ausnutzen. Denn fuer die Leute ist es hier `cool` Weisse mitzunehmen. Das heisst, auf nem Traktorhaenger, Truckdach oder unter einer Arbeitsplane mitfahren – ein riesiges Abenteuer 🙂

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hier hat uns nen Traktor mitgenommen

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Das tut wahrlich gut, auch mal unter uns zu sein, denn Privatsphäre gibt es leider gar nicht. Man hat immer auf dem Bildschirm zu erscheinen – sobald man für ein paar Minuten in seinen Raum verschwindet, wird über Kranksein, Heimweh, Kummer oder sonstwas gemunkelt. Auch das Achten auf die Mitmenschen ist in meiner Familie nicht so, wie ich es kenne. Selbst bei Wissen, dass Hannah bis spät in die Nacht telefoniert hat, hält Jacky nicht von ab, 6 Uhr am SAMSTAG das Radio mehr als lautstark anzumachen (ganz Manga scheint die frühmorgendliche Musik aus unserem Haus hören zu wollen) oder mitten in der Nacht trampelnd in mein Zimmer zu kommen, weil sie aufgewacht ist und ihr ne Frage eingefallen ist (die definitiv noch bis zum Morgen hätte warten können). Aber so ist das halt 🙂

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mit ner Puppe ueben

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Sheila + Jasko in der Kueche

Achja und Yvonne ist nach Hause gekommen.Sie war die letzten Monate in einer weiter entfernten Schule. Für sie bin ich immer noch die Hannah, die erst vor einer Woche angereist ist. Aber sie merkt, dass sich alles seit ihrer Abreise geändert hat und ich halt nun schon drei Monate hier bin und nicht mehr neu 🙂 Dafür ist Sheila die Ferien nicht da, sie ist bei ihren leiblichen Eltern.

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Sheila, Yvonne, Agnes und Mum Jacky

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Sukuma schneiden mit Marion

Wie ihr lest, seht und hört, geht es mir prächtig. Lediglich meine Haut macht mir zu schaffen – die ungewohnte Novembersonne scheint sie nicht zu vertragen. Die Neurodermitis ist wieder deutlich zu spüren und manchmal verliere ich ohne ersichtlichen Grund meine Bräune (ohne Sonnenbrand oder Hautpellen), die jedoch schnell wiederkehrt. Deshalb nicht wundern, wenn ich auf manchen Bildern sehr braun wirke und dann auf anderen wieder weiß. Aber ich war ansonsten noch kein einziges Mal ernsthaft krank, worüber ich heilfroh bin.

Auf der anderen Seite merke ich aber natürlich bei aller Freude und Glücklichsein auch, wie weit entfernt ich doch von zuhause bin und wie abgeschnitten von allem was passiert.
Meine Tante Elisabeth hat nach drei Jahren Kampf gegen den Krebs, sich nun gegen die Fortführung der Chemotherapie entschieden. Gerne wäre ich da jetzt in meiner Heimat und bei meiner Familie.
Am Samstag habe ich jedoch ein tolles Telefongespräch mit einigen meiner Freunde führen können, die Geburtstag gefeiert haben, wo ich nicht dabei sein konnte. Es war fast, als wäre ich anwesend gewesen!
Und auch so sehr ich mich mit Melanie auf den kommenden Strandurlaub in drei Wochen freue, umso trauriger bin ich, über die fehlende Adventszeit mit Singen, Dekorieren und Geschenke packen. Doch Pläne werden geschmiedet, dass wir Weihnachten wenigstens etwas feiern können und provisorisch Baum und Deko zaubern können.

Es erreichen mich immer wieder Päckchen meiner Eltern oder liebe Briefe von überall oder einfach ganz liebe Nachrichten und Mails, die mich ein wenig Heimatluft schnuppern lassen. Danke dafür! Ich schreibe jedem immer zurück, aber dauert halt immer ein bisschen bdei dem Postsystem 🙂

Jetzt erstmal Schluss an dieser Stelle, es gibt viel zu lesen fuer euch!

Ich melde mich, bleibt behuetet, Hannah

2 Kommentare


  1. Hallo Hannah,

    wir sitzen hier zusammen und freuen uns über deine Bilder und dass es dir so gut geht.

    Franziska, Matthias, Jakob, Simon


    1. Danke euch.
      Bleibt behuetet und eine schoene Adventszeit!

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